250. Fußprozession Bocholt-Kevelaer – Jubiläumswallfahrt vom 27. – 29. August 1983

Erlebnisreiche Tage sind vorüber. Frohe und schöne, für manchen aber auch beschwerliche Stunden. Eine Fülle von Eindrücken machten die Tage der Jubiläumswallfahrt unvergesslich und viele Pilger werden diese Tage noch lange in lebendiger Erinnerung halten. Womit soll man bei den vielen Höhepunkten die Nachbetrachtung beginnen ? Das Beste wird sein, zu versuchen, chronologisch den Verlauf zu schildern.

Lange vor dem Jubiläum, etwa 2 Jahre vorher, wurde aus dem Vorstand ein Ausschuss von 6 Mitgliedern gebildet, der sich mit der Vorbereitung und der Durchführung des Jubiläums befassen sollte. In vielen Sitzungen und Gesprächen wurde zielstrebig und gründlich gearbeitet, von Zeit zu Zeit dem Gesamtvorstand das Erarbeitete vorgetragen, darüber abgestimmt und dann auf Grund dieser Abstimmung weitergemacht. Überall stieß der Ausschuss auf offene Ohren und Wohlwollen, sei es in Kevelaer bei der Wallfahrtsleitung, in Bocholt bei der Geistlichkeit, der Stadt Bocholt, verschiedenen Institutionen oder Firmen und Geschäftsleitungen.

Im Zuge der Überlegungen kam dann die Suche nach dem Geleitwort der Jubiläums-Wallfahrt. In gemeinsamer Absprache mit Dechant Westhoff von St. Georg, dem geistlichen Leiter dieses Jahres, fand man den Leitgedanken:
„Mit Maria vor Gott !”
Mit Maria, der „Trösterin der Betrübten”, als die wir sie in Kevelaer anrufen und verehren, wollen wir unsere Anliegen vor Gott bringen. In der Vielfalt der Nöte, die uns bedrängen, suchen wir Menschen nach Trost. Maria hat in ihrem Leid Trost gefunden bei Gott. Darum gehen wir „mit Maria vor Gott”, um uns seine Tröstung, seine Treue zu uns Menschen neu zusprechen zu lassen.

Frühzeitig wurden in der Tageszeitung und in der Kirchenzeitung Aufrufe veröffentlicht, an der Wallfahrt teilzunehmen; die Termine wurden bekanntgegeben und darauf aufmerksam gemacht, sich so früh wir möglich um Quartiere in Kevelaer zu kümmern. Gerade in der Quartierfrage wurde in Kevelaer fest zugesagt, dass jeder, der übernachten wolle, auch eine Unterkunft bekomme. Sehr viele Familien stellten zusätzliche Privatquartiere bereit.

Kevealer war gerüstet und auch seitens des Vorstandes war alles bestens vorbereitet, die Jubiläumswallfahrt konnte beginnen. Schon die zwei Wochen vor der Wallfahrt stattfindende Pilgerversammlung im Kolpinghaus Bocholt war gut besucht. Hier wurde den Pilgern, vor allem den Neulingen unter ihnen, der Ablauf der Prozession erklärt.
Die innere Vorbereitung des Pilger begann mit einer Bußandacht am Mittwoch vor der Wallfahrt. Die Pfarrkirche St. Georg, seit Beginn der Fußprozession Ausgangspunkt und auch Endziel der Wallfahrt, war vollbesetzt. Wer die persönliche Beichte vorzog, hatte dazu am Freitag, dem 26. August, ebenfalls in der Georgskirche Gelegenheit.
Am Freitag um 19.00 Uhr war dann die Pilgermesse. Bis auf den letzten Platz war die Georgskirche gefüllt. Mit den Pilgern feierte der Bischof von Münster, Dr. Reinhard Lettmann, in Konzelebration mit Dechant Heinrich Westhoff und weiteren teilnehmenden Priestern, die Eucharistie. Zur Freude aller hatte der Bischof vor längerer Zeit das Versprechen gegeben, an der Wallfahrt teilzunehmen. Und er war an allen drei Tagen als Pilger unter Pilgern anzutreffen. Er nahm wie alle anderen die Strapazen und Mühsale des Weges auf sich, um die Muttergottes zu verehren.

Die Priestergemeinschaft vom Heiligen Kreuz, eine Vereinigung aller aus Bocholt gebürtigen Priester, beging ihr 50jähriges Bestehen und hatte das sonst alle zwei Jahre in Bocholt stattfindende Treffen auf den Termin der Wallfahrt gelegt. aus diesem Grund waren sehr viele Geistliche bei der Walfahrt und am Freitag auch schon zur Pilgermesse anwesend.

Die Messe wurde mitgestaltet vom Kolpingchor Bocholt, der im Wechsel mit der Gemeinde einige Marienlieder sang. Nach der Predigt wurde von Dechant Westhoff eine neue Prozessionsfahne geweiht. Diese Fahne zeigt auf der Vorderseite die Muttergottes von Kevelaer – in Kevelaer sagt man auch: „Maria Kevelaer” – thronend über der Gnadenkapelle. Darüber wölbt sich der Text: „Maria zu dir kommen wir”. Unten herum zieht sich die Fußprozession, voran das Kreuz und zum Schluss, wie bei der Prozession üblich, Pferd und Wagen. Diese Darstellung der Prozession kann man auch, wie Pfarrer Schwaaf von St. Josef Bocholt formuliert, als „das pilgernde Volk Gottes auf Erden” betrachten. Die Rückseite der Fahne trägt die Beschriftung: „Fußprozession Bocholt-Kevelaer, 1733 – 1983”. Links und rechts der Jahreszahlen sind die Stadtwappen von Bocholt und Kevelaer aufgestickt. Die Idee, den Entwurf und die Reinzeichnung für die Fahne lieferte Willi te Uhle, jetzt wohnhaft in Olsberg im Sauerland, langjähriges Vorstandsmitglied und immer noch mit dem Herzen bei der Fußprozession. (Sohn Bernd te Uhle ist heute ebenfalls Vorstandsmitglied.) Angefertigt wurde die Fahne von der Firma van de Wyenbergh in Kevelaer, die im Laufe der Jahre schon viele Fahnen für die Fußprozession gefertigt hat. Die Fahne ist ein großzügiges Geschenk der Volksbank Bocholt anläßlich des Jubiläums.

Mit der Pilgermesse, die durch die verschiedenen Punkte anders, feierlicher als sonst üblich war, wurden die Pilger gut eingestimmt. Man spürte die Freude auf die folgenden Tage.

Am Samstagmorgen versammelten sich dann die Pilger an der Georgskirche zur großen, beschwerlichen, aber dennoch schönen Prozession. Eine große Schar von Pilgern hatte sich eingefunden. Später, nach der Ausgabe der Teilnehmerkarten und einer weiteren Zählung, stellte sich heraus, dass über 1.100 Pilger sich auf den Weg gemacht hatten. Eine Zahl, die nur direkt nach dem Zweiten Weltkrieg noch größer war, als sicherlich viele Menschen für den Frieden bzw. für ihr gerettetes Leben dankten. Aber auch die jetzige Zeit brachte ja ihre Sorgen und Nöte mit. Nach vielen Jahren des Aufschwungs waren schlechtere Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit angebrochen, die manchen sicher wieder dazu gebracht hatten, über den Sinn des Lebens nachzudenken, zu beten, zu danken und auch zu bitten. Dazu kamen sicher auch die vielen persönlichen Anliegen und Bedrängnisse. Viele hatten sich also entschlossen, mitzupilgern und all dieses durch Maria Gott anzuvertrauen.
Sieben Fahrzeuge standen bereit, für einen kleinen Obulus das Gepäck der Pilger aufzunehmen bzw. später die Fußkranken oder Erschöpften ein Stück mitzunehmen. Auf zwei Fahrzeugen waren außerdem die Sanitäter bereit, diese Pilger zu versorgen. Drei der mit Girlanden festlich geschückten Fahrzeuge waren Pferdegespanne, eins davon dreispännig. Transparente machten auf das Jubiläum aufmerksam. Auf den Transparenten war zu lesen: „Maria, zu dir kommen wir” – „250 Jahre Fußprozession Bocholt-Kevelaer” – „250 Jahre gemeinsam unterwegs”.

Das Gepäck war schnell abgegeben und verstaut; das übliche Fähnchen als Pilgerabzeichen in Empfang genommen und evtl. ein noch benötigtes Pilgerheft gekauft. Glockengeläut vom Turm der Georgskirche kündete den baldigen Aufbruch an und pünktlich um 6.30 Uhr setzte sich die Prozession in Bewegung. „Wunderschön prächtige” schallte es durch die enge Ravardistraße und nach wenigen Metern hatte sich der lange Zug der Pilger formiert. Zügig ging es über das Westend und die Werther Straße dem Stadtausgang zu. Am Kaisergarten fand wie üblich die Teilung der Prozession in zwei Gruppen statt. Danach kam die Prozession gut weiter. Besondere Schwieirgkeiten waren nicht zu überwinden. Gewohnt zügig wurde der erste Pausenort Empel erreicht. Was sich morgens durch einen wolkenlosen Himmel schon ankündigte, wurde jetzt allerdings schon Gewissheit: Es blieb wolkenlos und die Sonne schien schon früh mit aller Kraft auf die Pilger herab und zeigte, wozu sie fähig ist. Es sollte an diesem Tag noch sehr heiß werden. Nach der 1/2stündigen Pause in Empel ging es weiter in Richtung Rheinbrücke über Niedermörmter nach Marienbaum. Dieser Wallfahrtsort wurde gegen 13.00 uhr erreicht und in einer kurzen Andacht wurde der „Zuflucht der Sünder” ein Kerzenopfer gebracht. Verdient war die anschließende Mittagspause von etwa 90 Minuten. Die Pilger hatten Zeit, sich vom ersten Teil des Weges auszuruhen und sich zu stärken für den weiteren Verlauf des Tages. Diese Stärkung war auch notwendig, denn der Weitermarsch durch den Reichswald über Uedemerbruch – wo eine weitere Pause von 30 Minuten eingelegt wurde – nach Winnekendonk war allein schon wegen der jetzt herrschenden Hitze eine große Strapaze. Hinzu kamen dann die größer werdende Müdigkeit und auch bei vielen sich bemerkbar machende schmerzende, wunde, mit Blasen versehene Füße, Muskelkrämpfe oder auch Überanstrengung. Trotz allem war aber bei jedem einzelnen eine große Begeisterung spürbar. Die Prozession war wieder zu der großen Gemeinschaft zusammengewachsen. Man verspürte wieder die Zuwendung des anderen, die Hilfsbereitschaft und das „sich dem Nächsten öffnende” der Mitpilger. Wie schrieb doch Pfarrer Westhoff in seinem Vorwort zur Festschrift: „Die Fußwallfahrt Bocholt-Kevelaer kann man eigentlich gar nicht beschreiben, man muss sie mitmachen, den Weg als Pilger gehen, weil man auf dem Weg etwas erfährt, das reich macht an geistlicher Erfahrung”.

In der letzten Pause in Winnekendonk sammelten die Pilger dann noch einmal alle ihre Kräfte, um das letzte Stück des Weges – jetzt wieder in einer Prozession – in Angriff zu nehmen. Nach wenigen Kilometern war die Stadtgrenze Kevelaers erreicht. Am Krankenhaus reihten sich die Fahnen und Banner der Prozession und der Standesorganisationen ein und pünktlich um 19.30 Uhr erfolgte der Einzug in die festlich geschmückte Marienstadt. Die Wallfahrtsleitung mit Ehrendomkapiltular Dechant Schulte-Staade und Bürgermeister Dingermann als Vertreter der Stadt hatten sich am Krankenhaus zur Begrüßung eingefunden und holten die Prozession ab. Froh erklangen die Einzugslieder und durch die mit Zuschauern dicht gesäumte Hauptstraße zog die Prozession zum Kapellenplatz, grüßte das Gnadenbild und zog mit dem bekannten „Viel deiner Schäflein” in die Basilika ein. Hier erfolgte das Kerzenopfer. Dechant Schulte-Staade begrüßte die Pilger, an der Spitze Bischof Lettmann, sehr herzlich. Nach dem Segen wurden die Pilger entlassen und sie begaben sich in die Quartiere zur wohlverdienten Ruhe.

Der Sonntag hatte dieses Mal ein ein dichtes Programm und wies mehrere Höhepunkte auf. Schon früh um 8.00 Uhr kamen vier Omnibusse und brachten die etwa 180 – 200 Teilnehmer der Familienwallfahrt, die am Parkplatz von den Ordnern der Fußprozession abgeholt und zum Gnadenbild geleitet wurden. Des weiteren kamen schon jetzt sehr viele mit ihren Autos nach Kevelaer, um zusammen mit den Teilnehmern der Fußprozession den Sonntag zu erleben. Im Laufe des Tages kamen so viele Bocholter, dass man fast sagen konnte: „Kevelaer ist in Bocholter Hand”.

Um 8.30 Uhr war dann das feierliche Pontifikalamt mit Bischof Dr. Reinhard Lettmann. Die Fahnen- und Bannerabordnungen, Messdiener und der gesamte Vorstand – angetan mit Stab und Schärpe – geleiteten den Bischof und die vielen teilnehmenden Priester durch die Pilgerpforte in die Basilika. Dieses große Gotteshaus schien fast nicht groß genug, so viele Gläubige hatten sich eingefunden. Der Bischof feierte die Eucharistie in Konzelebration mit mehreren Priestern, unter anderem auch mit dem geistlichen Leiter, Dechant Westhoff, Domkapitular Schulte-Staade und Regens Dr. Hans Döink. Der Kirchenchor aus der Heimatpfarre St. Georg hatte es sich nicht nehmen lassen, den Gottesdienst durch die herrlich gesungene „Spatzenmesse” von W. A. Mozart zu verschönen. (Viele der Sänger sind ebenfalls Fußpilger.) Kraftvoll und erhebend klangen dazwischen auch die bekannten Marienlieder. In seiner Predigt sagte der Bischof unter anderem: „Auf dem Pilgerweg sind wir alle gleich … ebenso wie auf dem Weg des Lebens … Jeder hat seine Last, es ist nicht einmal ausgemacht, wer am schwersten zu tragen hat. … Wir wollen unseren Lebensweg Maria, der Mutter des Herrn anempfehlen. Maria gibt sicheres Weggeleit auf dem Weg des Lebens. Wir erbitten von Maria, dass sie uns begleitet auf dem Weg und uns hinführt zu ihrem Sohn … Wer sich im Glauben und in der Liebe an Maria orientiert, findet auch zu Christus. … Maria ist wie ein Stern. Ein Leben, das unter dem Sterns Mariens steht, steht unter einem guten Stern. … Maria ist aber auch die Trösterin der Betrübten, zu der wir unsere Zuflucht nehmen. Welchen Trost kann Maria uns geben ? Der Trost Marias hegt tiefer als sonst üblicher Trost. Trost hat zu tun mit trauen, zutrauen, vertrauen und Treue. Das ist der Trost, den Maria uns gibt: Wir dürfen uns in allen Schicksalen des Lebens geborgen wissen in der Treue Gottes. … In besonderer Weise wollen wir Maria auch die Sorge um den Frieden vortragen. Wir haben Sehnsucht nach Frieden; im Alltag, in der Familie, nach Frieden im eigenen Herzen, Sehnsucht nach Frieden mit Gott. Die Marienverehrung hat auf der Suche nach Frieden versöhnende Kraft. – Mit Maria vor Gott, das wollen wir jetzt auch in dieser Stunde tun, wenn wir die Eucharistie feiern. Wir wollen Gott Dank sagen für Maria und wollen Gott Dank sagen mit Maria.” – Dieser Gottesdienst wird sicher noch lange in den Pilgern nachwirken in seiner eindrucksvollen Erhabenheit. Zum Schluss sang der Kirchenchor als Erstaufführung eine gut gelungene Neuvertonung (durch Chorleiter Grollmann) des Bocholter Kevelaerliedes „Maria, sei gegrüßet”.

Um 10.30 Uhr war wie üblich der Kreuzweg, an dem auch viele der nachgekommenen Angehörigen und die Teilnehmer der Familienwallfahrt teilnahmen.

Zur Pilgerandacht trafen sich alle bereits um 14.00 Uhr in der wiederum gefüllten Basilika. Zu Beginn fand die Jubilarehrung statt. Dechant Westhoff, Domkapitular Schulte-Staade für die Wallfahrtsleitung Kevelaer und der 1. Vorsitzende Heinrich Küpper konnten 5 Pilgern für 25malige Teilnahme die Glückwünsche aussprechen. Erstmals erhielten die Jubilare neben der üblichen silbernen Medaille eine Urkunde, die auf ihr Jubiläum aufmerksam machte. Für 50malige Teilnahme an der Wallfahrt konnte die Sanitätsgruppe des Roten Kreuzes geehrt werden. Ein Mitglied dieser Gruppe konnte dafür eine Urkunde in Empfang nehmen. Als Geschenk der Fußprozession und als Anerkennung für ihre Verdienste erhielt die Sanitätsgruppe eine neue Sanitätskiste mit Inhalt. Nach der Jubilarehrung erfolgte die Andacht. In der Predigt ging Pfarrer Westhoff auf das Geleitwort der Jubiläumswallfahrt „Mit Maria vor Gott” ein.

Am Nachmittag um 16.00 Uhr fand dann eine Festversammlung im neuerbauten Pilgerzentrum statt. An die 2.000 Teilnehmer waren gekommen. Nach dem einleitenden Musikstück durch die Kevelaerer Musikkapelle begrüßte Heinrich Stevens, 2. Vorsitzender des Vorstandes, die anwesenden Pilger und Ehrengäste, an der Spitze Bischof Dr. Lettmann. Des weiteren waren anwesend: Weihbischof Böggering, die Domkapitulare Dr. Wesemann, Ketteler und Schulte-Staade, Regens Dr. Döink vom Priesterseminar Münster, Pfarrer Bettmer von Ss. Ewaldi, Pfarrer van Gemmeren von Liebfrauen, Bürgermeister Demming, Bocholt, Bürgermeister Dingermann, Kevelaer, Dr. Bercker vom Verkehrsverein Kevelaer, Dr. Schwarte vom Heimatverein Bocholt, Stadtdirektor Dr. Becker aus Bocholt, Stadtarchivdirektor Dr. Oppeln, Bocholt, die Vertreter der Bocholter Radprozessionen der Männer und der Frauen und viele andere; sie alle zu nennen, würde zu weit führen.

Nach der Begrüßung der Gäste ergriff Domkapitular Schulte-Staade das Wort. Ganz besonders gern würde er immer wieder die Bocholter begrüßen, da er mit der Bocholter Fußprozession ein erstes Mal eine Wallfahrt nach Kevelaer gemacht habe, als er Kaplan an St. Georg in Bocholt war. Dabei habe er etwas von dem Unterwegssein erfahren und er sei durch die Mitpilger aufmerksam geworden auf das, was Wallfahrt eigentlich bedeute. Mit herzlichen Worten bedankte er sich auch für das Geschenk, das die Fußprozession anlässlich des Jubiläums gemacht habe. Die Stele des Tabernakels in der Pax-Christi-Kapelle sei das neue verbindungsstiftende Zeichen für die Zukunft Kevelaer – Bocholt, das an das Jubiläum erinnert. Mit dem Geschenk wollte der Vorstand zur Verschönerung des neuerbauten Pilgerzentrums beitragen und die Liebe zur Gottesmutter ausdrücken und für die vielen Gnaden und Wohltaten danken, die die Pilger in all den Jahren an ihrem Gnadenort und auf dem Weg dorthin erfahren durften.

Dechant Westhoff sprach als Pfarrer von St. Georg, der Mutterpfarre der Fußprozession. Er grüßte alle Anwesenden herzlich und dankte für die Treue und Ausdauer der Pilger in der Verehrung zur Gottesmutter. Er habe vor allem auch sehr viele junge als betende und singende Christen erleben dürfen. Das sichere den Fortbestand der Fußprozession.
Der Bürgemeister der Stadt Kevelaer, Herr Dingermann, betonte in seinem Grußwort, dass es für ihn selbstverständlich und eine Ehre gewesen sei, am Vorabend die Fußprozession zusammen mit Dechant Schulte-Staade abzuholen, seien es doch gerade die Bocholter, die in Kevelaer besonders gern gesehen sind. Die Bocholter Prozession sei die größte Fußprozession in Kevelaer und besteche immer wieder durch ihre Ordnung und Disziplin. Aber ebenso wichtig seien die vielfachen Freundschaften, die zwischen Bocholt und Kevelaer, zwischen Pilgern und Einheimischen in den vielen Jahren entstanden seien. Als äußeres Zeichen der Verbundenheit beider Städte überreichte Bürgermeister Dingermann dem anwesenden Bocholter Bürgermeister, Herrn Demming, ein Gastgeschenk. Bürgermeister Demming hatte seinerseits ein Geschenk für die Stadt Kevelaer mitgebracht. In seinem Grußwort erwähnte er, der selbst mehrere Male mit nach Kevelaer pilgerte, dass die Stadt Bocholt stolz auf die lange Tradition der Fußwallfahrt sei. Die Art und Weise, wie die Pilger nach Kevelaer gingen, wie die Wallfahrt vorbereitet und durchgeführt würde, sei eine besondere Art von Bürgerinitiative, von denen es ruhig mehrere geben dürfte. An den Vorstand der Fußprozession überreichte Bürgermeister Demming einen Geldbetrag.

Herr Ernst Wevering sprach als Vorsitzender der Bocholter Radprozession der Männer herzliche Glückwünsche aus und sprach die guten und herzlichen Verbindungen der Prozessionen untereinander an. Seine Frau überreichte als Vorsitzende der noch jungen Radprozession der Frauen und Mädchen einen schönen Blumenstrauß und gemeinsam überreichten beide Prozessionen ebenfalls einen Geldbetrag, der zur Verschönerung der Marienecke in St. Georg verwendet wird.

Für den Verkehrsverein Kevelaer grüßte dessen Vorsitzender Dr. Bercker. Er dankte ebenfalls für die überaus große Treue der Bocholter Pilger zur Gottesmutter und zu Kevelaer. Als Zeichen des Dankes schenkte er namens des Verkehrsvereins der Fußprozession einen großen dreiarmigen Kerzenleuchter für die Pfarrkirche St. Georg in Bocholt, der ebenfalls zur Verschönerung der Marienecke beitragen soll und eine bleibende Erinnerung an das Jubiläum ist.

Die Festansprache hielt Karl-Bernd Wensink, gebürtiger Bocholter und oftmaliger Pilger. Er ist Direktor und geitlicher Leiter im Martinistift in Appelhülsen, eine bischöfliche Einrichtung, in der schwer erziehbare Jungen bzw. Jugendliche aus zerrütteten Verhältnissen leben und auf ein selbstständiges Leben vorbereitet werden. Direktor Wensink stellte seine Ansprache unter die Überschrift: „Der Mensch als Pilger – mit Maria vor Gott”. Er sprach vom Sinn der Wallfahrten, den Menschen auf der Wanderschaft ihres Lebens. Diese wagen den Aufbruch aus ihrer gewohnten Umgebung, den Abschied von vertrauten Mitmenschen, um der alten Sehnsucht der Menschheit nachzufolgen, die sie in die Nähe Gottes drängt. In jedem Wallfahrer nimmt die Bibel menschliche Gestalt an, denn er weiß sich von Gott gesucht und gefunden und macht sich nun selbst auf, Gott zu suchen und zu finden. Echtes Pilgertum ist nichts Geringeres als das Suchen nach dem verloren gegangenen Paradies, ein Verlust, mit dem sich die Seele nicht abfinden kann. Auf dieser Suche nach Gott begegnet der Mensch auch Maria, seiner Mutter, die als Symbol des wandernden Gottesvolkes angesehen werden kann. Gott ist Mensch geworden und brauchte eine Mutter, die ihn verstand, und diese Mutter versteht auch uns. Wir haben Vertrauen zu einer Frau, die von Gott geliebt wurde und die Gott geliebt hat. Auf der Suche nach Gott ist sie den Menschen Wegweiserin und Fürsprecherin. Bei Maria wissen sich sich in der Nähe Jesu’s, denn wo sie ist, ist Jesus nicht fern.

Direktor Wensink sprach auch von der Entstehung, der Geschichte, dem Auf und Ab der Bocholter Fußprozession. Unsägliches Leid, Krieg, Hunger und Pest waren die Auslöser dafür, dass Menschen sich auf den Weg zur „Trösterin der Betrübten” machten, um durch die Erfahrung der göttlichen Zuwendung ihr Leid menschlich tragen und bewältigen zu können. Dieses Anliegen hat die Wallfahrt bis in die jüngste Zeit immer wieder neu belebt. Die Beharrlichkeit der Bocholter Pilger hat alle Stürme und Gefahren der Jahrhundertwende überdauert. Allen Versuchen, die Wallfahrt zu behindern oder gar zu unterbinden haben sich die Bocholter erfolgreich zur Wehr gesetzt, indem sie die Wallfahrt als Ausdruck einer größeren Wirklichkeit lebendig hielten.

Mit Maria kann der Mensch vor Gott hintreten und um Hilfe bitten in Freude und Leid. Und gerade in Zeiten, wo es den Menschen am schlechtesten geht, weiß er sich getragen von Gott.

Langanhaltender Beifall dankte dem Festredner für seinen hervorragenden Beitrag. Mit seiner Rede hatte er das Verständnis der Festteilnehmer von ihrem Verhältnis zu Maria und zu Gott so richtig getroffen.

Nach einem Musikvortrag ging Bischof Dr. Lettmann noch mit ein paar Worten auf die Wallfahrt ein. Er sei beeindruckt von dem auf dem Hinweg Erlebten. Sein Dank galt auch dem Vorstand für die Organisation, ohne die der Ablauf dieser großen Wallfahrt sicherlich nicht so möglich wäre. Für diese Arbeit in all den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verlieh er dem Vorstand der Fußprozession die Paulus-Plakette des Bistums Münster, die für besondere Verdienste um das Bistum Münster vergeben wird. Die Paulus-Plakette in Silber wird sehr selten verliehen; sie ist die höchste Auszeichnung, die der Bischof von Münster vergeben kann. Auf diese Auszeichnung kann der Vorstand sehr stolz sein, dementsprechend groß war auch die Freude aller, als der 1. Vorsitzende Heinrich Küpper die Plakette aus der Hand des Bischofs in Empfang nahm. Anschließend erteilte der Bischof den Anwesenden seinen Segen. Mit dem gemeinsam gesungenen „Maria sei gegrüßet” schloss die eindrucksvolle und schöne Festversammlung.

Nach dem Festakt konnten die Pilger zwei Geschenke in Empfang nehmen. Die Wallfahrtsleitung Kevelaer gab jedem zur persönlichen Erinnerung eine Broschüre „Maria, Mutter der Glaubenden‘, ein modern aufgemachtes Werk über Glaubensfragen in Bezug auf die Gottesmutter. Von der Fußprozession erhielten die Pilger für den Betrag von 2,50 DM eine Festschrift: „250 Jahre Fußprozession Bocholt-Kevelaer”. Diese Festschrift ist ein hervorragend gedrucktes Werk. Sie beinhaltet im ersten Teil die Geschichte der Fußprozession Bocholt-Kevelaer im Wandel der Geschichte. Der zweite Teil beschreibt die Fußprozession Bocholt-Kevelaer und ihre Durchführung heute. Das Manuskript ist eine wissenschaftliche Arbeit von Frau Dr. Bröker, Stadtarchivdirektorin a. D. Frau Dr. Bröker hat in etwa vierjähriger Arbeit alles zusammengetragen, was über das Wallfahrtswesen in Kevelaer, zwischen Kevelaer und Bocholt und hier besonders der Fußprozession zu erfahren war. Ihr gilt ganz besonderer Dank. Die Festschrift hat einen Umfang von 97 Seiten DIN A 4 und ist reich bebildert. In Verbindung mit dem Heimatverein der Stadt Bocholt war eine kostengünstige Herstellung möglich, da der Heimatverein seine Vierteljahres-Zeitschrift „Unser Bocholt” dem Jubiläum gewidmet hatte. Die Festschrift ist ein Sonderdruck dieser Zeitschrift. (Für die Fußprozession entfielen daher die Satzkosten.) Für die anfallenden Kosten des Heftes und zur Finanzierung anderer das Jubiläum betreffenden Ausgaben spendete die Stadtsparkasse Bocholt den Betrag von 10.000,00 DM. So konnte den Pilgern preiswert die wertvolle Festschrift undeine schöne Erinnerung gegeben werden.

Den Abschluss des Sonntags bildete die Lichterprozession durch die Straßen Kevelaers und über den Kapellenplatz rund um die Gnadenkapelle. Auch zu später Stunde säumten noch sehr viele Menschen die Straßen, um diese beeindruckende Prozession zu sehen und die schönen alten Marienlieder zu hören. Es war ein schöner Abschluss eines ereignisreichen und festlichen Tages. Nach Aussagen von Pilgern war es ein schönes und würdiges Jubiläum, ohne großen Prunk, dafür aber aus dem Herzen, aus dem Inneren heraus.

Am Montag fanden sich schon um 5.00 Uhr in der Frühe alle Pilger in der Basilika zur Pilgermesse ein. Um 6.30 Uhr versammelten sie sich noch einmal vor dem Gnadenbild, sprachen die Abschiedsgebete und baten im Lied „Nun gib uns deinen Segen, Maria mild, ade; führ uns auf sichern Wegen heimwärts durch Lust und Weh”. Dann setzte sich der lange Zug der Pilger wieder in Bewegung in Richtung Heimat. Der Weg wurde frisch und zügig angegangen. Ohne besondere Vorkommnisse erreichte man planmäßig die Pausenorte. Die Stimmung innerhalb der Prozession war schon wie auf dem Hinweg hervorragend. Bis zum Mittag hielt sich auch die Sonne zurück; dann wurde es aber schon wieder sehr warm. Nach den Pausen in Niedermörmter wurde der Rhein überquert, bevor in Empel die Mittagspause den Pilgern eine längere Rast gönnte. Hier in Empel wurden viele schon von entgegenkommenden Angehörigen mit Erfrischungen oder auch mit einem Mittagessen versorgt. Gut gestärkt und etwas erholt wurde dann das beschwerliche letzte Stück in Angriff genommen. Ab der letzten Pause in Liedern ging es wieder in einer Prozession bis nach Bochoolt. Je näher der Stadtrand kam, umso mehr Menschen standen am Wegesrand, um die zurückkehrende Prozession zu begrüßen. An der ehemaligen Molkerei wurde die Prozession von der Bocholter Geistlichkeit, unter ihnen auch Weihbischof Böggering, und von den Abordnungen der beiden Radprozessionen abgeholt. Ebenfalls hier reihten sich wieder die Fahnen und Banner ein. Feierlich und mit kraftvollem Gesang zogen die Pilger durch die mit Tausenden von Menschen dicht gesäumten Straßen der ehrwürdigen Georgskirche entgegen. Feierliches Geläut begrüßte die Pilger und der Küster von St. Georg hatte anläßlich des Festes die Kirchenfahnen ausgehängt bzw. aufgestellt. An den Stufen des Portals stimmten die Pilger freudig, erschöpft und froh, die Anstrengungen und Strapazen überstanden zu haben, in das Schlusslied „Viel deiner Schäflein sind nun angekommen” ein. Man war wieder zuhause, am Ausgangsüunkt der langen Pilgerreise, angelangt.

Nach dem Kerzenopfer und dem sakramentalen Segen sprach Dechant Westhoff noch einige Worte des Dankes. So meinte er, dass ohne die Hilfe der Sanitäter er selbst, viele Pilger und auch der Bischof wohl nicht übergekommen wären. Sein Dank galt aber auch all den Pilgern für das Mittun und die Ausdauer; er vergaß nicht, denen zu danken, die an der Vorbereitung und Durchführung der Wallfahrt mitgewirkt hatten. Besondere Worte des Dankes fand Pfarrer Westhoff für den Bischof, der sicherlich für die Pilger zu einem Bocholter geworden wäre. Herzlicher Beifall drückte die Zustimmung der Pilger aus. Besonders stark wurde der Beifall, als der Bischof in einigen Abschiedsworten sagte: „Ich habe Blut geleckt, ich komme wieder !” Er versprach, dieses in einem Zeitraum von etwa 5 Jahren zu tun. Mit einem „bis zum nächsten Jahr” und dem brausend aufklingenden „Großer Gott, wir loben dich” endete dann die herrliche, eindrucksvolle Jubiläumswallfahrt. Noch lange wird sie in der Erinnerung bleiben. Für die nächsten Jahre wird dieses Erleben für viele sicher wieder Ansporn sein, erneut mitzugehen. Wie sagte doch Bischof Lettmann am Samstag in Winnekendonk einem Reporter der „Bild-Zeitung”: „Das sind keine frömmelnden Leute, das sind gläubige Menschen. Und die große Zahl junger Pilger garantiert, dass diese Prozession auch in 50 Jahren das 300jährige Bestehen feiern kann.”

Eine ebenfalls erfreuliche Feststellung war die große Zahl der an der Wallfahrt teilnehmenden Priester. Auch hier ist ein Wandel zum Guten eingetreten. War es doch in den 70er Jahren einmal notwendig, von auswäts einen geistlichen Leiter zu suchen, da sich in Bocholt niemand fand. So viele Priester wie in diesem Jahr waren noch nie dabei. Es waren zwanzig Dechanten, Pfarrer, Kapläne oder Diakone. Außerdem waren wohl 10- 12 Ordensschwestern unter den Pilgern, allen voran mehrere Schwestern „Unserer lieben Frau” aus dem Herz-Jesu-Hospiz in der Osterstraße, die jetzt schon zum wiederholten Mal teilnahmen.

Im einzelnen nahmen folgende Theologen an der Jubiläumsprozession 1983 teil: Bischof Dr. Reinhard Lettmann, Münster; Regens Dr. Hans Döink, Münster (gebürtiger Bocholter und oftmaliger Pilger); Dechant Heinrich Westhoff, Bocholt; Dechant Hans Siemen, Ochtrup (gebürtiger Bocholter); Pfarrer Hermann-Josef Bösing, München (gebürtiger Bocholter); Pfarrer Johannes Tebroke, Weseke (gebürtiger Bocholter und oftmaliger Pilger); Pfarrer Albert Schwaaf, Bocholt (seit seiner Tätigkeit als Religionslehrer in Bocholt und später als Pfarrer an St. Josef annähernd 20 Mal als Pilger und mehrfach als geistlicher Leiter Teilnehmer an der Wallfahrt); Pfarrer Wilhelm Schoelen, Bocholt-Suderwick; Pfarrer Hubert Oelgemöller, Bocholt-Mussum; Pfarrer Theo Wehren, Bocholt-Barlo (als gebürtiger Kevelaerer Jahr für Jahr eifrigere Mitpilger); Pfarrer Egon Schmitt, Vreden (vorher Pfarrer an St. Georg, Bocholt); Rektor Karl-Bernd Wensink, Appelhülsen (gebürtiger Bocholter und oftmaliger Pilger); Kaplan Hans-Gerald Eschenloher, Bocholt; Kaplan Alfred Manthry, Rheine (gebürtiger Bocholter und oftmaliger Pilger); Pfarrer Ansgar Drees, Vreden; Pfarrer Hermann-Josef Groß-Weege, Dülmen (gebürtiger Bocholter); Diakon Jürgen Saget, Bocholt, z. Zt. Holdorf; Diakon Hans Schmeinck, Bocholt, z. Zt. Vechta; Bruder Heinz Ernst, Südafrika, z. Zt. Irland (gebürtiger Bocholter); Pater Werner Nakott, Mülheim (gebürtiger Bocholter).

Kurze Statistik zur Wallfahrt 1982

Teilnehmer am Samstag:

1. Prozession 492 Teilnehmer, davon 228 Frauen, 264 Männer

2. Prozession 428 Teilnehmer, davon 197 Frauen, 231 Männer

gesamt 920 Teilnehmer, davon 425 Frauen, 495 Männer

Auf dem Rückweg am Montag wurden in Niedermörmter insgesamt 625 Teilnehmer gezählt. In Empel kamen am Nachmitag eine größere Zahl wieder hinzu, so dass in Bocholt sicher wohl 700 Pilger einzogen.