Ein Leben ohne Wallfahrt ist für Alfons Schmeink nicht vorstellbar. In einer Woche startet die Fußprozession nach Kevelaer. Für ihn ein sehr besonderer Tag.

Alfons Schmeink ist ein gläubiger Mensch. Dem 58-jährigen Bocholter geht es dabei nicht nur um die Institution Kirche, sondern um Momente, die ihm Gott näher bringen. „Ich gehe jeden Sonntag in die Kirche, weil ich dankbar bin und neue Kraft schöpfe.“

Zu diesem lebendigen Glauben gehört für Alfons Schmeink die Fußprozession von Bocholt nach Kevelaer, die seit rund drei Jahrhunderten die Stadt und ihre Menschen prägt, sagt er. Am kommenden Samstag ist es wieder so weit: Dann starten Hunderte Menschen von der Georgskirche in Richtung des 50 Kilometer entfernten Wallfahrtsortes Kevelaer – singend, betend oder einfach in aller Stille. An der Spitze der Männergruppe wird wieder Alfons Schmeink laufen, bereits um 6:15 Uhr geht es los. Ankunft in Kevelaer ist erst am Abend. Eine Qual ist der Tag für ihn trotzdem nicht.

Prägendes Erlebnis

„Ein Leben ohne Wallfahrt ist für mich nicht vorstellbar“, sagt der 58-Jährige. Vor fast 50 Jahren ist er das erste Mal einen Teil der Strecke mitgelaufen. In der Schule und im Bekanntenkreis bekam er dafür Anerkennung. „Das hat mich motiviert“, erinnert sich Alfons Schmeink an diese prägenden Erlebnisse seiner Kindheit. „Und dann bin ich drangeblieben.“

Die Wallfahrt zur Jungfrau Maria war in seiner Familie eine Selbstverständlichkeit: „Die Marienverehrung spielte in meiner Familie immer eine große Rolle. Auch die Eltern und die Verwandtschaft waren feste Wallfahrer. Als er 11 Jahre alt war, ist Alfons Schmeink das erste Mal die gesamte Strecke mitgelaufen. Danach hatte ihn die Wallfahrtsbegeisterung gepackt. „Was sich für die meisten Jugendlichen vielleicht verrückt anhört: Ich kann für mich sagen, dass ich daraus schon als Kind Kraft geschöpft habe. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“

Irgendwann sei dann der Punkt gekommen, als er für sich überlegt habe, ob er aus der Gruppe der Wallfahrer heraustreten und mehr Verantwortung übernehmen möchte. Als sein Onkel, der jahrelang im Vorstand die Fußprozession mitorganisiert hat, plötzlich schwer erkrankte und schließlich verstarb, war für ihn die Zeit gekommen, den Staffelstab zu übernehmen. Seit fünf Jahren ist Alfons Schmeink Vorsitzender der Fußprozession Bocholt-Kevelaer.

Getrennt laufen

Die Fußprozession von Bocholt nach Kevelaer folgt seit Generationen der Regel, dass Frauen und Männer getrennt voneinander laufen. „Das passt vielleicht nicht mehr so richtig in die heutige Zeit“, sagt Alfons Schmeink. „Aber das hat viele Vorteile.“ Zum Beispiel könne die eine Gruppe singen, während die andere Gruppe verschnaufe. „Das ist auf so einer langen Strecke nicht zu unterschätzen. Außerdem hört es sich schön an.“

Alfons Schmeink wird an der Spitze der Männergruppe laufen, um die Gruppe „gesund und munter zur Trösterin der Betrübten“ zu bringen – zur Marienfigur in Kevelaer. Er wird wieder ausgerüstet sein mit Socken zum Wechseln, Ersatzschuhen und Traubenzucker, „falls jemandem mal der Kreislauf wegsackt“. Wertvoll ist für ihn auch der Austausch mit den anderen Pilgern der Gruppe während der Prozession. Der gemeinsame Marsch schaffe ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und von Identität.

„Die alten Regeln dieser jahrhundertealten Tradition mögen verstaubt erscheinen“, räumt Alfons Schmeink ein. „Aber jeder kann die Aktualität leicht erkennen: Dass währenddessen Gebete gesprochen werden, in den Kriege und Pestzeiten vorkommen, wird ihm gegenüber oft kritisiert. „Ist es da nicht mal Zeit für etwas Moderneres?“, haben ihn schon viele Wallfahrer gefragt. Aber für Alfons Schmeink sind die alten Gebete hochaktuell. „Wir hatten Corona als eine Pest und erleben den Krieg vor unserer Haustür.“ Die Texte passen heute genauso wie früher, ist er überzeugt.

Quelle: BBV-Artikel vom 18.08.2024
Autor: Stefan Prinz